Ein Abstecher zu tibetischen Räucherstäbchen
Ich benutze den Begriff „tibetische Räucherstäbchen“ hier als einen Sammelbegriff, die Stäbchen können auch aus Nepal oder Bhutan kommen, ähneln sich aber stark im Stil.
Mein Ausflug in die Gefilde der tibetische Räucherstäbchen begann Ende 2021. Wie so oft habe ich zuvor viel darüber auf Reddit r/Incense gelesen und bin dadurch neugierig geworden.
Über tibetische Räucherstäbchen habe ich immer wieder gelesen, dass es ein „aquired taste“ ist, also ein Geschmack, eine Vorliebe, die man gewissermaßen erst erlernen muss. Nur selten kommt es vor, dass Menschen tibetische Räucherstäbchen auf Anhieb mögen. In der Regel riechen sie für die meisten Leute erst mal nur nach Rauch.
Ich war neugierig, ob es mir genauso gehen, bzw. inwiefern ich anhand von ihnen eine Entwicklung meines Geruchssinns feststellen können würde. Außerdem war ich grundsätzlich neugierig auf den Stil an sich.
Von tibetischen Räucherstäbchen wird gesagt, dass sie sehr natürlich sind. Es ist rituelles Räucherwerk, bei dem der Fokus auf die Wirkung und die Entsprechung der enthaltenen Zutaten gelegt wird, nicht in erster Linie auf den Duft.
Allerdings gibt es auch bei tibetischen Räucherstäbchen Qualitätsunterschiede; solche, die authentisch in buddhistischen Klöstern hergestellt und „Massenware“, die mit viel Füllmaterial und/oder minderwertigen Zutaten produziert werden. Diese kommen oft aus Nepal oder auch Indien.
Diese Rolle habe ich 2021 bei Dragonspice.de für 4,20€ gekauft. Enthalten sind 45 Stäbchen von 18cm Länge, sie wiegen etwa 60g.
Der Hersteller Chandra Devi scheint sich eher am oberen Ende des Spektrums der massenproduzierten tibetischen Räucherstäbchen zu befinden.
Chandra Devi – Amber & Musk
Ein Duft wie Amber & Musk (zwei Favoriten von mir) ist vielleicht der beste Einstieg, dachte ich mir.
Bis auf eine schwache, süßliche Note habe ich aber tatsächlich nichts anderes als Rauch gerochen. Dieser war zwar nicht beißend oder unangenehm, trotzdem aber eben nur Rauch.
Was ich sehr erstaunlich fand, war die nur minimale Rauchabgabe der Stäbchen. Tatsächlich habe ich mich einige Male dabei erwischt, wie ich nachgesehen habe, ob das Stäbchen noch glimmt, derartig wenig Rauch ist manchmal sichtbar.
Ich habe ihnen einige Versuche gegeben und dann das Interesse verloren.
Etwa zu dieser Zeit hätte mir ein Redditor aus Deutschland ein Angebot zum Samples Tauschen gemacht, allerdings ist dieser ein eingefleischter Fan von tibetischen Räucherstäbchen und die Einzigen, die ich ihm zum Tausch anbieten konnte, waren eben diese Amber & Musk. Von denen meinte er, dass sie ihm sicher zu süß seien.
Es hat mehr als ein Jahr gedauert, bis ich die Amber & Musk wieder hervorgeholt habe. In der Zwischenzeit hatte ich die unten stehenden Drizang Kuenchap gekauft und auch die Sample Stäbchen der noch weiter unten angeführten Traditionnel Relaxation im Zuge eines anderen Sampletauschs erhalten.
Ich wollte Amber & Musk nur noch mal anzünden, bevor ich sie in die Kiste mit den Sachen zum Hergeben lege und siehe da, plötzlich rochen sie süß für mich. Ich habe sie dann vorerst doch noch behalten.
Wenn ich sie heute verbrenne, rieche ich einen weiches, süßes, aber immer noch rauchiges Aroma. Es ist recht schlicht und nicht sonderlich potent, was nichts Schlechtes ist. Sie verleihen dem Raum eine warme Atmosphäre, die auch im Nachgeruch erhalten bleibt.
Lhawang Driden – Drizang Kuenchap
Diese Packung war ein Glücksfund auf Kleinanzeigen.de. Verkauft wurden sie von jemandem, der scheinbar öfter nach Bhutan reist und dann Räucherstäbchen aus den Klöstern mit zurückbringt.
Solche Räucherstäbchen sind in Deutschland praktisch nicht zu finden. Der einzige Onlineshop (weltweit), von dem ich weiß, dass er sie hat, ist Incense-Traditions.ca in Kanada, welcher auf diese Art Räucherwerk spezialisiert ist. Dort kostet eine Rolle der 22cm langen Räucherstäbchen C$13.95. Eine Packung enthält 30 Stäbchen und wiegt etwas unter 80g. Hergestellt werden sie in Bhutan aus mehr als 30 Zutaten. Es gibt ein ORS Review zu Drizang Kuenchap, in dem Mike Safran, Nelke, Muskat, Rhododendron, Sandelholz und Weihrauch als mögliche Zutaten nennt.
Von Mikes möglicher Zutatenliste resoniert mit mir am stärksten der Rhododendron. Zufällig hatte ich eine Weile vorher ein Sample Rhododendron Blätter bei einer Bestellung bei Jarguna mitgeschickt bekommen. Ihren Geruch empfinde ich als krautig, Kräutertee-artig, mit leicht blumigen Noten.
Der Geruch dieser Stäbchen ist aber weitaus komplexer als dies.
Das Duftprofil von Drizang Kuenchap hat eine auffallende Säure, die mich an Fermentationsgeruch, insbesondere Milchsäure erinnert.
Diese Säure vermischt sich mit einer unterschwelligen Süße zu einem fruchtig anmutenden Geruch. Insgesamt bleibt der Duft aber eher krautig, holzig und leicht herb.
Ich liebe die Farbe dieser Stäbchen; dieses matte, leicht bläuliche Weinrot.
Ich finde in dem Duft eine Andeutung des von mir in anderen Reviews erwähnten „Bügelgeruchs“, der scheinbar von Safran stammt. In diesem Fall ist es speziell „gebügeltes Leinen“. Des Weiteren erzeugt Drizang Kuenchap eine merkwürdige Assoziation zu Lötfettdämpfen; ein Geruch, den ich trotz des Wissens, wie ungesund er ist, leider mag.
Es ist eine gute Weile her, dass ich diese Stäbchen das letzte Mal angezündet hatte. In meiner Wahrnehmung scheint inzwischen ihr natürlicher Rauchgeruch weiter in den Hintergrund gerückt zu sein und ich fange an, eine feine, florale Note aufzuschnappen.
Auch Drizang Kuenchap erzeugen relativ wenig Rauch für die Dicke (4mm) der Stäbchen, nur kurz vor dem Erlöschen, wenn sich das letzte Bisschen des Stäbchens in Glut verwandelt, steigt eine merkliche, weiße Rauchschwade auf.
Der Nachgeruch behält viel des Aromas vom Abbrennen, enthält aber bedauerlicherweise auch einen kleinen Anteil eines für mich eher unangenehmen Rauchgeruchs.
Les Encense Du Monde – Encens Tibétan – Traditionnel Relaxation
Diese zwei Stäbchen habe ich Anfang 2023, bei einem Räucherstäbchentausch bekommen.
Auf der Seite von Aromandise werden als Zutaten Wacholder, Holz und Kräuter genannt. Eine Packung enthält 28 Stäbchen von etwa 23cm Länge, welche je 60 Minuten brennen. Sie kosten 5,90€, sind allerdings als „nicht verfügbar“ markiert.
Auch hier fällt wieder die Raucharmheit auf.
Wacholder erzeugt bei mir immer eine Assoziation zu geräuchertem Schinken und so ist es auch hier. Es ist ein herb-aromatischer Holzrauchgeruch, mit der charakteristischen, süßlich-herben Wacholdernote. Der Geruch für mich eher trocken aber weich. Nur, wenn man dem Rauch zu nahe kommt, wirkt er etwas kratzig.
Solange die Stäbchen brennen, finde ich den Geruch relativ unaufdringlich, im Nachgeruch setzt sich aber eine wirklich unangenehme Note von kaltem Rauch durch.
Resümee:
Tibetische Räucherstäbchen sind nicht mein Ding und werden es vermutlich auch nicht mehr werden. Trotzdem ist es für mich interessant, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Ich bin nicht wirklich versucht, das Genre weiter aktiv zu erforschen, d. h. nach Raritäten wie Lhawang Driden zu suchen und einzukaufen, zumal sie bei uns so schwer zu finden und i.d.R. teuer sind. Sollte sich jedoch die Möglichkeit eröffnen zu samplen, werde ich diese sicher gern ergreifen. In diesem Geiste werden auch die Stäbchen aus meiner Sammlung nach und nach als Samples weitergegeben werden.
Für Interessierte und Schnäppchenjäger verlinke ich hier noch das aktuelle Angebot des Kleinanzeigen-Verkäufers, von dem ich Lhawang Driden – Drizang Kuenchap gekauft habe. Er hat vor einer Weile neue eingestellt.